Laurent Gorgemans, Global Head of Investment Management at Nordea Asset Management
Da europäische Unternehmensanleihen so hohe Renditen aufweisen wie seit vielen Jahren nicht mehr, richten die Anleger ihr Augenmerk derzeit auf den Kreditmarkt der Region. Doch obwohl alle Segmente europäischer Unternehmensanleihen im Vergleich zu den letzten zehn Jahren oder sogar länger attraktive Renditeniveaus bieten, dürfen sich die Anleger angesichts der anhaltenden Herausforderungen nicht in Sicherheit wiegen.
Hochzinsanleihen stehen heute verständlicherweise im Mittelpunkt des Interesses der Anleger, da die Renditen für Anleihen unterhalb der Investment-Grade-Kategorie nach dem deutlichen Anstieg im Jahr 2022 auch heute noch hoch sind. So lagen die Renditen für High Yield-Anleihen aus der EU per Ende September 2023 bei 7-8 % . Viele der weniger hochwertigen Kredite in diesem Universum bleiben jedoch anfällig für Probleme, insbesondere angesichts der anhaltenden wirtschaftlichen Unsicherheiten.
Am anderen Ende des Spektrums ist es unwahrscheinlich, dass die Renditen für die hochwertigsten Emittenten im Investment-Grade-Bereich eine signifikante reale Rendite, also eine positive Rendite nach Abzug der Inflation, bieten. Tatsächlich liegen die Renditen im Investment Grade-Bereich in der EU bei etwa 4-5 % und damit auf dem Niveau des EZB-Einlagensatzes, während Anleihen mit einem Rating von AAA bis A im Bereich von 4 % liegen.1
Eine Möglichkeit für Anleger, sich aus diesem Zwiespalt erfolgreich heraus zu manövrieren, besteht darin, das mittlere Band der europäischen Unternehmensanleihen zu isolieren – also die mit BBB, BB und B bewerteten Anleihen. Wir sind der Ansicht, dass Unternehmensanleihen auf beiden Seiten der Grenze zwischen Investment Grade und High Yield – auch bekannt als Cross-Credit – am besten geeignet sind, um robuste reale Renditen zu erzielen und gleichzeitig ein kleines Polster zu bieten, falls es zu weiteren wirtschaftlichen Turbulenzen oder einer Verschlechterung der Stimmung kommt.
Ratingänderungen schaffen Ineffizienzen
Aufgrund seiner Verortung im Kreditspektrum ist der Cross-Credit-Bereich bekannt für Ineffizienzen, die sich aus tatsächlichen oder erwarteten Ratingänderungen ergeben. Während Rating-Änderungen zu Umschichtungen in der Anlegerallokation auf dem gesamten Markt führen, erhöht sich die Aktivität, wenn ein Investment-Grade-Emittent zum „Fallen Angel“ wird, indem er in den High-Yield-Bereich fällt, oder ein Junk-Bond-Name zum „Rising Star“ wird, indem er in den Investment-Grade-Bereich aufsteigt.
Von solchen Rating-Veränderungen waren in diesem Jahr besonders viele zu beobachten: Bis Ende Juli wurden europäische Unternehmensanleihen im Wert von mehr als 400 Mrd. EUR umgestuft, darunter 30 „Fallen Angels“ und 11 „Rising Stars“. Dieses Volumen ist im Vergleich zu den letzten zehn Jahren überdurchschnittlich hoch und liegt nur hinter dem von Covid dominierten Jahr 2020, in dem erwartungsgemäß besonders viele Unternehmen herabgestuft wurden, und der anschließenden Heraufstufung vieler Kredite während des wirtschaftlichen Aufschwungs im Jahr 2021 zurück.
Da die wirtschaftliche Volatilität auf absehbare Zeit anhalten dürfte, werden die Unterschiede zwischen den einzelnen Emittenten im Cross-Credit-Bereich weiterhin erheblich sein. Dies wird aktiven Anlegern, wie schon in der Vergangenheit, Chancen bieten. Ein Cross-Credit-Portfolio, das zu einem Drittel aus Anleihen mit BBB-Rating und zu zwei Dritteln aus BB- und B-Schuldtiteln besteht, hat eine annualisierte Rendite von 5 % erzielt und liegt damit nahe am ICE Euro High Yield Index, der seit dem 31.12.2000 eine Rendite von 5,39 % erwirtschaftete.3.
Fundamentaldaten rücken wie erwartet wieder in den Fokus
Das Ende der quantitativen Lockerung der Geldpolitik dürfte aktiven Cross-Credit-Anlegern weiteren Rückenwind geben. Die Zentralbanken waren in der Vergangenheit wichtige Käufer von Investment-Grade-Emittenten, wobei die Liquidität oft auf Hochzinsanleihen überschwappte. Durch den Wegfall der unternehmensunabhängigen Nachfrage der Europäischen Zentralbank wird es wichtiger, solide Emittenten von potenziell schwächeren Namen zu unterscheiden.
Bei den Hochzinsanleihen haben die Unternehmen in ganz Europa die niedrigen Finanzierungskosten der letzten Jahre genutzt, um ihre Laufzeiten deutlich zu verlängern. Da die nächsten großen Refinanzierungswellen in den Jahren 2025 und 2026 anstehen, könnte es eine Weile dauern, bis die Ausfallraten in die Höhe schnellen. Allerdings steigen die Spreads in der Regel deutlich vor den Ausfallwellen an, was viele renditehungrige Anleger abschrecken könnte.
Auf der Suche nach einer ausgewogenen risikoadjustierten Rendite könnten Anleger auch erwägen, die Banken- und Versicherungsbranche zu meiden, weil diese erfahrungsgemäß ein hohes Beta aufweisen. Auch wenn Banken und Versicherungen für einen aktiven Anleiheinvestor attraktive Möglichkeiten bieten, sind diese Titel anfällig für starke Kursschwankungen und plötzliche Preisanpassungen. Dies wurde während der Turbulenzen im US-Regionalbankensektor sowie bei der Credit Suisse in Europa zu Beginn dieses Jahres deutlich sichtbar.
Angesichts der nach wie vor auffällig interessanten Renditen zwischen 4 und 8 % werden Unternehmensanleihen und andere festverzinsliche Anlagen im neuen Jahr wahrscheinlich die Nachfrage der Anleger anführen. Angesichts der Nachteile an beiden Enden des Spektrums ist es jedoch verständlich, wenn die Anleger zunehmend nach einem Sweet Spot in Sachen Spread- und Durationsrisiko suchen. Der Cross-Credit-Bereich kann genau dieser Sweet Spot sein.
Für Anleger, die sich für Unternehmensanleihen auf beiden Seiten der Grenze zwischen Investment Grade und High Yield interessieren, bietet NAM eine European Cross Credit Strategie an. Die von Jan Sørensen verwaltete Lösung investiert in das Universum der Hochzins- und Investment-Grade-Anleihen, um die von den Rating-Agenturen geschaffenen strukturellen Ineffizienzen zu nutzen. So investiert die Strategie in europäische Unternehmensanleihen (ohne Finanzwerte), die zum Zeitpunkt des Kaufs ein langfristiges Rating zwischen BBB+ und B- oder ein gleichwertiges Rating einer anderen verfügbaren Rating-Agentur wie Moodys und Fitch aufweisen. Der Eckpfeiler der Strategie besteht darin, die Credit Spreads und die Bewertungsunterschiede zwischen den verschiedenen Ratingklassen auszunutzen, um die besten risikobereinigten Renditen zu erzielen. Die Strategie verfolgt einen Bottom-up-Ansatz, der zu einem konservativen Portfolio aus Titeln mit gesunden Fundamentaldaten führt.
1Refinitiv, Stand: 30.09.2023
2ICE und Nordea Investment Funds S.A. Betrachteter Zeitraum: 31.12.2013–31.07.2023.
3ICE und Nordea Investment Funds S.A. Stand: September 2023